Todos somos Marcos.
Wir sind Alle Marcos.
Auf einer Gedenkfeier für den ermordeten Basisaktivisten José Luis Solís López alias „Galeano“ erklärte Subcommandante Marcos vor 4 Jahren sein Verschwinden. An der Veranstaltung nahmen mehr als 2.500 Basisaktivist*innen der zapatistischen Bewegung teil. er verlas einen Abschiedsbrief in dem er bekannt gab, dass es „Marcos“ ab sofort nicht mehr geben wird. „Es war eine kollektive Entscheidung“, sagte er. Marcos sei nie eine reale Person gewesen, sondern vielmehr eine Kunstfigur, hinter der sich mehrere Personen verborgen hätten.
Subcomandante Marcos „erblickte“ mit dem zapatistischen Aufstand in San Cristobal de las Casas (Chiapas/Mexico) das Licht der Welt. Er bezeichnete sich selbst als Sprecher der EZLN (Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung). Die EZLN ist eine überwiegend aus Indigenas bestehende Organisation in Chiapas, einem der ärmsten Bundesstaaten Mexikos, die am 1. Januar 1994 mit einem bewaffneten Aufstand erstmals öffentlich in Erscheinung trat und sich seitdem mit politischen Mitteln für die Rechte der indigenen Bevölkerung Mexikos, aber auch generell gegen neoliberale Wirtschaftspolitik und für autonome Selbstverwaltung einsetzt.
Der Name ist eine Reverenz an Emiliano Zapata, einen der historischen Aktivisten der mexikanischen Revolution, in dessen Tradition sich die EZLN sieht. Daher werden sie auch Zapatistas (oder dt. Zapatisten) genannt. Von Beginn an zeichnete sich die Bewegung durch viele basisdemokratische Elemente aus, sodass sich eine neue, wegweisende Form der revolutionären, internationalistische Politik entwickelte, die insbesonders die antikapitalistische Linke Bewegung in Europa stark beeinflusste.
„Die Menschen brauchen keine charismatischen Anführer oder Erlöser. Für einen gerechten Kampf brauche es lediglich viel Würde und viel Organisation.“ Das erklärte Subcomandante Marcos, der über zwanzig Jahre als Sprecher der zapatistischen Bewegung diente und sich für die Rechte der indigenen Bevölkerung in Mexiko und soziale Gerechtigkeit im Allgemeinen eingesetzt hatte. Subcomandante Marcos outete sich als kollektive Kunstfigur. Die reale Führung des EZLN hat inzwischen eine neue Generation von Indigenas übernommen.
In der Abschiedsmitteilung vom 24. Mai 2014 wurde die „Geburt“ von Marcos folgendermaßen erklärt:
„Während des Morgengrauens am 1. Januar 1994 kam eine Armee von Giganten – nämlich indigene Rebellen – hinunter in die Städte, um mit ihrem Schritt die Welt aufzurütteln. Bereits nach einigen Tagen, noch mit dem frischen Blut unserer Gefallenen auf den Straßen der Städte, überlegten wir, wie wir uns der Außenwelt sichtbar machen könnten. Die anderen waren gewohnt, die Indigenas von oben herab anzuschauen, sie konnten nicht den Blick nach oben wenden um uns zu sehen. Sie waren gewohnt uns als erniedrigte Menschen zu sehen, ihre Herzen konnten nicht unsere würdevolle Rebellion verstehen. Ihre Blicke wurden von dem einzigen Mestizen mit Sturmhaube gefangen genommen, aber nur, weil sie ihn nicht wirklich sahen. Unsere AnführerInnen sagten dann: ‚Sie können nur diejenigen sehen, die genauso klein wie sie sind. Dann machen wir jemanden, der so klein ist, wie sie, so dass sie ihn sehen können und durch ihn uns sehen können.‘ So fing eine komplexe Ablenkungsstrategie an, eine schreckliche und wunderschöne Zauberei, ein bissiges Versteckspiel des indigenen Herzens, das wir sind. Die indigene Weisheit fordert die moderne Welt an einer ihrer stärksten Säulen heraus: den Massenmedien. So fing der Aufbau der Figur an, die Marcos genannt wurde.“
Nach dem tödlichen Anschlag am 3. Mai 2014 von der Gruppe CIOAC (Central Independiente de Obreros Agrícolas y Campesinos) in der Gemeinde La Realidad hat die EZLN die Entscheidung getroffen, die Figur von Marcos sterben zu lassen, um den bei dem Anschlag ermordeten José Luis Solís Lopez (genannt: Galeano) weiterleben zu lassen.
„Wir denken, dass es notwendig ist, dass jemand von uns stirbt, so dass Galeano weiterleben kann. Und um den aufdringlichen Tod zufrieden zu stellen, muss man ihm an Galeanos Stelle einen anderen Namen vorsetzen, so dass dieser leben kann und der Tod nicht ein Leben stiehlt, sondern nur einen Namen, Buchstaben von Bedeutung entleert, ohne Geschichte, ohne eigenes Leben. So haben wir uns entschieden, dass Marcos ab heute nicht mehr existieren darf“
Wir verdanken Marcos viele, viele Texte, Briefe, Geschichten, Fabeln, Gedichte Communiqués und Romane. Sie alle haben Geschichte Geschrieben und sind heute noch genau so lesenswert wie in den Jahren 1996 oder 2001. Mit diesem Plakat grüssen wir erneut die zapatistischen Gemeinden in Chiapas und die Rebellen und Rebellinnen die für Freiheit und Würde kämpfen auf der ganzen Welt.