Ein Plakat in Gedenken an den antifaschistischen Widerstand in der Zeit des Nationalsozialismus. für das Hauptmotiv haben wir die von Fritz Cremer erschaffene Figurengruppe die er 1957 für die Gedenksttte Buchenwald entworfen hat gewählt.
Zu seiner Arbeit schreibt Fritz Cermer:
„Die Denkmalsgruppe auf dem Ettersberg versinnbildlicht den historischen Schwur, den die Buchenwaldhäftlinge nach ihrer Selbstbefreiung ablegten. Der Kampf, der diesem Schwur vorausging, war jahrelang vorbereitet und wurde mit übermenschlicher Anstrengung geführt. Die dramatische Aktion der mutigsten und vom Sieg über die Barbarei überzeugten Häftlinge, die sich nicht nur mit ihren Peinigern, der SS, sondern auch mit der Masse der resignierenden Lagerinsassen auseinandersetzen mußten, wollte ich in der Gruppe deutlich machen. Ein geringer Teil der durch Not und Elend Gezeichneten wagte mit der Waffe in der Hand seine letzte Lebenschance und tat dies auch für die anderen. Insofern ist die Handlung dieser Helden doppelt und dreifach hoch zu werten; sie zeugt für den Sieg des Guten über das Schlechte.
Die plastische Gruppe ist keine Momentaufnahme, wie es ein Bildhauerwerk auch niemals sein kann, in jeder Figur habe ich einen Typus zu finden versucht, der jeweils eine ganze Menschengruppe repräsentiert und der, kraft seiner Erkenntnis der Zusammenhänge, unter gleichen Bedingungen verschieden reagiert.
Da ist der „Junge“, der für alle Kinder und Halbwüchsigen sprechen soll. Der Hunger hat ihm ein greisenhaftes Aussehen aufgezwungen. In seinen zu großen Kleidern versinkt er, und in seiner unschuldigen Pein möchte er den leeren Eßtopf allen überwundenen, aber auch noch heute lebenden Unmenschen ins Gesicht schleudern.
Da ist der „Fahnenträger“, der den Jungen zu schützen versucht und der die zur Zeit der nazistischen Barbarei zerfetzte Fahne todesmutig in seiner Hand hochhält. Neben ihm steht ein „Kämpfer“. Wohlüberlegt, mit List und Klugheit, hat er die einzelnen Teile seines Gewehres an sich gebracht und im richtigen Augenblick zusammengebaut. Er bewahrt seine Menschenwürde, und nur im äußersten Fall ist er gewillt, seine Waffe zu gebrauchen.
Ihm folgt der „Schwörende“. Seine In den Himmel stoßende Schwurhand soll den Willen bekunden, für den „Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit“ zu kämpfen, wie es im Schwur von Buchenwald heißt. Die Bewegung dieser Figur wächst aus dem „Stürzenden“ empor, der sein Leben für die anderen opfert, weil er weiß, daß sein Tod nicht vergeblich ist. Ein zweiter „Kämpfer“ steht neben dem „Schwörenden“. Das Gewehr absichtlich unmilitärisch umfassend, ist er bereit, mit dem Kolben zuzuschlagen, da es gegen wilde Tiere, die ihr sogenanntes menschliches Hirn dazu mißbrauchen, aus Menschenhaut Lampenschirme zu machen, kein besseres Mittel gibt.
Seine nach hinten ausgestreckte Hand will dem „Kämpfer mit der Decke“ neben ihm helfen. Dieser ist krank. Doch ist er trotzdem mit seinen letzten Kräften bereit, den notwendigen Kampf durchzustehen. In beiden ist wilde Traurigkeit über die menschliche Unzulänglichkeit. Ihnen folgt ein Halbwüchsiger, der „Diskutierende“ genannt. Ein wenig aufgeschwemmt durch Krankheit, widerspruchsvoll in seinem Charakter, begreift er nicht ganz den „Rufer“, dessen unbedingte Überzeugung von der Richtigkeit des Weges den Schwur gleichsam wiederholt.
Obwohl der „Diskutierende“ seine Zweifel anmeldet, ist er entschlossen, sich mit seinen Fäusten gegen Schmach und Unrecht zur Wehr zu setzen. Der „Rufer“ wendet sich aber nicht nur an ihn, sondern vor allem an die zwei nächsten, den Abschluß der Gruppe bildenden Figuren, den „Zweifler“ und den „Negativen“. Diese beiden sind ein wenig abgerückt von der Hauptgruppe. Mit angezogenen Schultern, hilflos die Hände von sich gestreckt, ausgemergelt, in zu großen Kleidern, ist der „Zweifler“ nicht mehr fähig, die Zusammenhänge des Geschehens zu begreifen.
Die letzte Figur ist der „Negative“. Es mag manchen Betrachter geben, der ihm den Platz in der Gruppe mißgönnt. Auch ich möchte lieber, daß dieser Typus nie gelebt hätte, noch daß es ihn heute gäbe. Es ist der negative Zyniker, der Allesbesserwisser und ewig Nörgelnde. Wenn es ihn nicht auch schon unter den Häftlingen von Buchenwald gegeben hätte, wäre der Kampf einfacher, konsequenter und weniger grausam gewesen. Und wenn er sich nicht auch heute dem fortschreitenden Leben in den Weg zu stellen versuchte, so wäre die uralte Sehnsucht der Menschen nach Glück und Frieden leichter zu verwirklichen. Ich habe ihn gewissermaßen an den Pranger gestellt.
Es liegt eine tiefe Tragik für das deutsche Volk in der Tatsache, daß Weimar, einige Kilometer von Buchenwald entfernt, die Stadt Goethes und Schillers, einmal den Geist des Humanismus in die Welt strahlte und ein anderes Mal eine Hölle der Unmenschlichkeit war. Aber gerade in diesem fast unglaublichen Widerspruch ist, so denke ich, die Möglichkeit enthalten, abzuwägen zwischen dem, was gut und böse ist, was rückwärts und was vorwärts strebt, was dem deutschen Volk Schande zufügt und was ihm wahrhaft zu dienen gewillt ist. Daß der denkende Mensch, frei von Mystifikation, gläubig dem Leben zugewandt, sogar noch angesichts des Todes triumphiert, das wollte ich in meiner Gruppe zeigen.“
Zur Geschichte der Antifaschistischen Aktion empfehlen wir das gleichnamige Buch von Bernd Langer
Antifaschismus wurde in Deutschland Anfang der 1920er Jahre als polemischer Kampfbegriff durch die KPD eingeführt. Verstanden wurde darunter Antikapitalismus. Erst Anfang der 1930er Jahre rückte der Kampf gegen die Nationalsozialisten mehr und mehr in den Fokus. 1932 mündete diese Entwicklung in der Gründung der Antifaschistischen Aktion.
In der BRD griffen kommunistische Gruppen in den 1970er Jahren das Emblem wieder auf. Später, von Autonomen übernommen und neu gestaltet, wurde es zum Zeichen der heutigen Antifa. Undogmatisch, radikal und systemkritisch ist Antifaschismus also von jeher viel mehr als nur ein Kampf gegen Nazis.
Der Schwur von Buchenwald:
Seit die militärische Niederlage des deutschen Faschismus absehbar war, diskutierten die Häftlinge verschiedener Konzentrationslager und faschistischer Haftstätten, welche politischen und gesellschaftlichen Konsequenzen im antifaschistisch–demokratischen Neubeginn gezogen werden müssten. Die Fehler aus der Weimarer Zeit, die Spaltung der Antifaschisten sollten vermieden werden, eine Orientierung, die ihre Basis in der Gemeinsamkeit des Überlebenskampfes hatte, sollte als politische Richtschnur gelten, um ein faschistisches Terrorregime in Zukunft zu verhindern. Aus den Tagen der Befreiung sind solche politischen Botschaften, z.B. das Manifest von Mauthausen oder das Manifest der deutschen Volksfront (Hermann Brill) bekannt. ine besondere Bedeutung hat in dieser Reihe der „Schwur von Buchenwald“. Er entstand als Appell zum Totengedenken am 19. April 1945 in Buchenwald. Er formuliert so prägnant wie kein anderer Text das Gemeinsame.
„Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Völker steht!
Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“
Diesen Schwur der Überlebenden nahmen auch jene auf, die in den verschiedenen Ländern für einen antifaschistischen Neuanfang kämpften. Er blieb Orientierungshilfe in den Folgejahren im Kalten Krieg, als Konfrontation statt antifaschistischer Erneuerung dominierte. Auch heutige Generationen von Antifaschisten*innen übernahmen die Verantwortung aus diesem Schwur. Er ist keine parteipolitische Botschaft, sondern eine Richtschnur für antifaschistisches Handeln über politische, weltanschauliche und religiöse Grenzen hinweg.